Montag, 21. Juli 2014

Zwei Blitz-Setups für Portraits: die Klassiker


Vor einiger Zeit habe ich einen Artikel geschrieben, wie man mit wenig Geld ein kleines privates und mobiles Heimstudio bekommt. Das könnt ihr hier nochmal nachlesen...Und heute geht´s darum, was man mit dieser Ausrüstung denn zum Beispiel so machen kann.

Wenn man mit einem Aufsteckblitz Portraits (ob drinnen oder draußen) machen möchte, sollte man sich vorher ein paar Gedanken machen. Wie das natürlich vorhandene Licht modelliert auch das Blitzlicht den Körper/das Gesicht. Man kann u.a. die Hautstruktur (z.B. Falten) dadurch beeinflussen, d.h. sie abschwächen oder verstärken. Das Arbeiten mit dem Aufsteckblitz bringt aber eine ganz entscheidende Schwierigkeit mit sich: Man kann die Auswirkung des Lichtes vor dem Auslösen nicht sehen. Bei natürlichen Licht oder bei guten Studioblitzen mit einem sog. Einstelllicht sieht man, welche Auswirkungen es auf die fotografierte Person hat. Man sieht sowohl das Licht als auch die Schatten. Nicht so bei dem Aufsteckblitz. Daher ist es ratsam, die Auswirkungen dieses Blitzes einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
In diesem Artikel möchte ich gerne mal zwei einfache und klassische Lichtvarianten mit nur einer Lichtquelle vorstellen, die immer gut funktionieren und die man auf jeden Fall kennen und können sollte. Ob und wie man sie dann einsetzt, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.

An Ausrüstung habe ich nur die Dinge verwendet, die auch in dem oben verlinkten Artikel beschrieben werden. Auch die Beispielbilder mit Modellen sind mit genau dieser Ausrüstung entstanden. Hier nochmal der Überblick:

Kamera: DSLR von Nikon
Objektiv: 50mm/1.8
Blitz: Yongnuo 560 II
Funkauslöser: Yongnuo RF603
Lichtständer: Walimex ProWT802
Softbox: Jinbei 50x50 cm
Reflektor: Delamax 5 in 1 Faltreflektor
Hintergrund: Walimex 2 in 1 Falthintergrund
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Um ausschließlich die Auswirkungen des Blitzes zu sehen, muss man zunächst jegliches Umgebungslicht ausschließen. Indoor funktioniert das am besten mit folgenden Kameraeinstellungen: 
Blende: f8  
Verschlusszeit: 1/125s
ISO: 100

Jetzt sollte man folgendes Bild erhalten :


Diese Kameraeinstellungen sind ein Klassiker im Studio und werden sehr oft verwendet, wenn man kein Umgebungslicht einfangen möchte. Wenn mit einem Schärfeverlauf spielen möchte und die Blende weiter öffnet, muss man natürlich die anderen Werte dementsprechend anpassen. Aber Vorsicht: Wenn der Blitz nicht über eine HSS Funktion verfügt, kann man max. mit einer Belichtungszeit von 1/250s fotografieren (je nach Kameramodel). Eine kürzere Belichtungszeit führt zu einem schwarzen Balken im Bild. Den technischen Hintergrund dazu kann man hier nachlesen. Auch die individuelle Leistung des Blitzes kann einen zu bestimmten Einstellungen zwingen.
Die oben genannten Einstellungen habe ich auch während der ganzen Testfotos nicht verändert. Alle Fotos hier sind mit diesen Einstellungen entstanden. Angepasst an die jeweilige Situation wurde lediglich die Blitzleistung. 

Dann wollen wir uns mal Schritt für Schritt an die Lichtvarianten herantasten. Ziel ist es einmal eine relativ schattenfreie Ausleuchtung zu finden und einmal eine Variante mit deutlichen, aber harmonischen Schatten im Gesicht.
Aber der Reihe nach:

Wenn man mit einem Aufsteckblitz auf der Kamera fotografiert und seinem Model frontal ins Gesicht blitzt, ergibt sich folgendes Bild:


Das ist jetzt natürlich ein sehr sehr hartes Licht mit harten Schatten. Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass es ein unschönes Licht ist. Richtig eingesetzt kann das auch ein interessanter Effekt sein, aber es ist wohl nicht für jede Person geeignet, da wirklich jede noch so kleine Unreinheit oder Falte im Gesicht gnadenlos dargestellt wird (das ändert sich auch nicht wirklich, wenn man den Blitz entfesselt, also von der Kamera entfernt einsetzt). Hat man aber ein Model mit einer entsprechend guten Haut oder möchte man absichtlich mit den harten Schatten spielen, dann ist eine Möglichkeit. Je weiter man den Blitz dann natürlich von der Kamera nach links oder rechts entfernt desto deutlicher ist auch der Schatten zu sehen und je näher das Model an der Wand steht, desto härter und klarer ist der Schatten. 


Beispiele:

Hartes Blitzlicht mit Aufsteckblitz ohne Lichtformer

Hartes Blitzlicht mit Aufsteckblitz ohne Lichtformer

In der Regel möchte man aber eher ein weicheres, (vor allem für die Haut) schmeichelhafteres Licht haben. Also muss man sich überlegen, wie man das Licht des Blitzes so formen kann, dass es keine harten Schatten erzeugt.

Eine Möglichkeit für weicheres Licht ist das sogenannte Bouncen oder indirektes Blitzen. Das eignet sich vor allem dann, wenn man mobil sein muss/möchte und keine Möglichkeit hat, entfesselt zu blitzen. Man dreht also den Blitz weg vom Model und blitzt gegen eine möglichst weiße Fläche im Raum (z.b. die Wand, die Decke oder auch die weiße Seite eines Reflektors). Der obere Teil der Aufsteckblitze läßt sich in alle Richtungen drehen. Von der weißen Fläche aus wird das Licht dann zurück reflektiert und kommt in weicherer Form wieder zurück. Das sieht dann ungefähr so aus (an die Decke gebounced):


Man sieht deutlich, dass das Licht schon wesentlich weicher ist (auch wenn der Kinnschatten noch relativ hart ist). Wenn man sich mit dieser Methode ein bisschen beschäftigt, hat man damit aber einige Möglichkeiten, um schöne Portraits zu machen. Auch entfesselt kann man wunderbar bouncen/indirekt blitzen. Aufpassen sollte man, wenn sich farbige Flächen in der Umgebung befinden, denn dann werden die jeweiligen Farben natürlich auch zurück reflektiert. 

Jetzt habe ich schon mehrfach das Wort "entfesseltes Blitzen" verwendet. Vielleicht eine kurze Erklärung dazu: entfesselt blitzen heißt nichts anderes, als dass man den Aufsteckblitz von der Kamera löst und von der Kamera entfernt einsetzt. Wo auch immer das sein mag. Dazu benötigt man natürlich Funkauslöser, damit der Blitz weiterhin ein Signal von der Kamera erhält (da gibt’s auch eine Empfehlung in meinem Ausrüstungs-Artikel).

Um also noch weicheres Licht zu bekommen, müssen wir entfesselt blitzen und dazu einen Lichtformer verwenden. Ich habe hier die von mir empfohlene Softbox von Jinbei (50x50 cm) verwendet. Und jetzt kommen wir zum ersten Lichtsetup-Klassiker, den ich vorstellen möchte:

Lichtsetup I :
Die Kamera steht frontal zum Model, der Aufsteckblitz ist auf einem Stativ zusammen mit der Softbox befestigt. Der Blitz befindet sich erhöht direkt hinter der Kamera. Der Blitz sollte immer erhöht sein und etwas geneigt von oben nach unten blitzen, da unser Auge diese Lichtsituation kennt (die Sonne kommt ja auch von oben ;-) ) und sie somit vertraut und harmonisch ist. 

Man sieht, das Model ist jetzt wunderbar ausgeleuchtet und das Licht ist durch die Softbox viel weicher geworden. Ein kleiner und weicher Kinnschatten ist noch zu sehen, den ich aber sehr schön finde, da er Tiefe ins Bild bringt. Falls man diesen doch aufhellen möchte, ginge das sehr leicht mit einem kleinen Reflektor, den man unten vor dem Oberkörper anbringt. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass das Gesicht flach und unnatürlich wirkt, wenn gar keine Schatten mehr zu sehen sind. Schöne Schatten modellieren ja das Gesicht. Je größer die Softbox, umso weicher und weiter gestreuter wird das Licht. 



Beispiel:

Hochfrontales Licht mit 50x50cm Softbox

Eine Variante dieses Setups wäre, dass man den Blitz seitlich von der Kamera positioniert (ca. 30-45°):



Der Kinnschatten verschiebt sich leicht und am rechten Arm entsteht ein Schatten
Um die andere Seite noch etwas aufzuhellen, kann man einen Reflektor verwenden und in auf der anderen Seite des Models platzieren:


Folgende Beispiele sind mit der seitlichen Variante ohne Reflektor entstanden, wobei sich das Model immer ein bisschen in Richtung Lichtquelle (also der Blitz) gedreht hat.

Seitliches Licht mit Softbox 50x50cm
Seitliches Licht mit Softbox 50x50cm

Lichtsetup II :
Der zweite Klassiker ist das sogenannte Rembrandt Licht, da es sich an Bildern des berühmten Malers orientiert. Es ist ein Licht das sehr stark von der Seite kommt und somit eine Gesichtshälfte bis auf ein kleines Dreieck unterhalb des Auges kaum Licht abbekommt.

Typische Gemälde des Malers Rembrandt, die das sog. Rembrandt-Licht deutlich zeigen

Für mich ein tolles Setup für Charakterportraits, Männerportraits oder so etwas in der Art.
Der Blitz wird nun sehr nah seitlich an das Model gestellt und in der Höhe etwas heruntergefahren.


Der weiße Hintergrund bekommt jetzt kaum noch Licht ab und wird dunkler/grauer. So lässt sich aus einem weißen Hintergrund einfach ein grauer machen. Ist ja auch ganz praktisch :-D
Wem die eine Seite jetzt zu dunkel ist, der könnte natürlich auch hier wieder mit einem Reflektor von der anderen Seite her aufhellen. Ich persönlich finde das Rembrandt Licht so wie es ist, ohne Aufhellen einfach toll...

Beispiele: 

Rembrandt-Licht


Rembrandt-Licht
So, das waren die zwei Lichtvarianten und noch ein paar weitere Informationen übers Blitzen. Ich hoffe, sie waren für den ein oder anderen hilfreich. Es gibt natürlich viele, viele weitere Möglichkeiten für die Lichtgestaltung mit Blitzen. Es gibt unzählige Lichtformer - Durchlichtschirme, Reflektorschirme, Reflektoren, Softboxen, Beauty Dishes, Grids, Striplights, und und und….und das alles auch noch in verschiedenen Größen und Varianten. Man kann mit einem oder mehreren Blitzen arbeiten, drinnen oder draußen, mit Umgebungslicht oder ohne - wie man sieht ist das Arbeiten mit Blitzen ein weites und spannendes Feld mit dem man sich ziemlich lange beschäftigen kann und das der Kreativität (aber leider auch den finanziellen Ausgaben) keine Grenzen setzt. 

Aber mit diesen beiden „Klassikern“ kann man auf alle Fälle gleich mal loslegen schon mal ein bisschen experimentieren. Und selbstverständlich funktionieren diese Setups auch vor einem andersfarbigen Hintergrund. In diesem Sinne, viel Spaß beim ausprobieren.

Liebe Grüße
Tanja
www.taghira.de


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